Text 1930
 

Die Escher Waldschule

als Kindertagesheim

Hinterm Galgenberg, zwischen "Gleicht" und "Eisenkaul" liegt, wohlgeschützt gegen die rauhen Nord- und Nordostwinde, von mächtigen Eichen, Buchen und Fichten betreut, die Escher Waldschule. Das zirka 3 Hektar große Schulgebiet ist nicht durch strenge Klostermauern abgeschlossen, sondern ein einfacher Drahtzaun umgibt das Ganze; so wird die Aussicht in das liebliche Waldidyll nicht gehemmt, und Luft und Licht haben stets freien Zutritt. In der freundlichen Lichtung des hochstämmigen Waldes sind zwei kokette Pavillons und eine große Liegehalle errichtet, vor denen ein wohlgepflegter, grüner Rasenteppich sich ausbreitet. In angemessener Entfernung sind Spielplätze mit Turngeräten, sowie zwei Schuleinrichtungen für Freiluftunterricht vorhanden. Zwei Schulsäle nebst Kleiderablagen, ein Konferenz- und ein Schularztzimmer in dem einen Pavillon verraten dessen Bedeutung. Küche, Speisesaal und Badeeinrichtungen in dem anderen Gebäude dienen dem Hauptzweck der Waldschule.

In diesem idyllisch gelegenen Kindertagesheim werden vom 1. Mai bis zum 31. August jedes Jahr über hundert körperlich schwache Kinder, Schüler und Schülerinnen des 3. und 4., sowie des 5. und 6. Schuljahres, auf Kosten der Gemeinde und der Industriegesellschaften Arbed-Terres-Rouges durch rationelle Pflege und Ernährung konstitutionell gehoben. Jeden Morgen um halb acht Uhr bringt die von der Grubenverwaltung Arbed-Terres-Rouges gratis zur Verfügung gestellte Elektrische die beiden Escher Lehrerinnen vom Bahnhof Esch zur Waldschule. Im Speisesaal harrt bereits ein reichliches Frühstück, bestehend in Milchkaffee und Butterbrot und Marmelade der Ankömmlinge. Hierauf setzt der Schulbetrieb ein, endigend um 11 1/2 Uhr. Während der Pause um 10 Uhr wird jedem Kinde eine Tasse Milch mit Weißbrot verabreicht. Die Zeit von 11 1/2 bis 12 ist Atemgymnastik und Leibesübungen im Freien gewidmet. Um 12 Uhr tritt wieder der Magen in seine Rechte. Auf schön gedeckten Tischen wird den Kindern ein kräftiges Mittagsmahl, bestehend in Suppe, Fleisch mit Kartoffeln und Gemüse, sowie Dessert geboten. Nach dem Essen macht jedes Kind eine 1 bis 2-stündige Liegekur im Freien oder in der Liegehalle. Darnach kehrt es in seine eigentliche Welt zurück, wo es bald König, bald Untertan ist, nämlich auf den Spielplatz. Um 4 Uhr wird wieder Milchkaffee mit Butterbrot und Marmelade verabreicht; dann folgen in ziemlich großer Freiheit und Ungebundenheit Lauf- und Ballspiele. Gegen halb sieben ruft die Glocke zum Abendessen, das gewöhnlich in Suppe, Fleisch oder Eiern mit Kartoffeln und Gemüse besteht. Darnach bringt die Elektrische Lehrpersonen und Kinder zurück zum Bahnhof, von wo ab bis zum nächsten Morgen jedes Kind seiner Familie wieder gehört.


( Text von Nik. HEIRENS in Originalschreibweise aus der "Luxemburger Zeitung" November 1930 )

 

 
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